Die Schuldnerberatung muss bedarfsgerecht ausgebaut werden, um der seit Beginn der Corona-Pandemie zunehmenden Anzahl verschuldeter Menschen besser helfen zu können. Das fordert unsere AWO Schuldnerberatung anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung 2021 (7. bis 11. Juni 2021). In allen sozialen Schichten nimmt die Verschuldung zu. Soziale Schuldnerberatung hat den gesamten Menschen in seinem sozialen Umfeld im Blick. Das macht auch den Erfolg dieses Ansatzes aus, den zahlreiche Studien belegen.
Verschuldung schränkt die Lebensgrundlage vieler Menschen ein. Das ist nicht nur ein finanzielles Problem. Unseren Berater*innen Susan Fritzsch und Jens Kutzler geht es um die Menschen hinter den Schulden, so wie es auch das Motto der Aktionswoche Schuldnerberatung ‚Der Mensch hinter den Schulden´ der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände ausdrückt. Verschuldung ist immer auch eine menschliche Katastrophe.
Nach Schätzungen sind – auch in Folge der Corona-Pandemie – zwei Millionen Soloselbstständige und Freiberufler*innen von Überschuldung bedroht. Viele Existenzen sind finanziell prekär aufgestellt. Das betrifft nicht mehr nur Empfänger*innen von Grundsicherung und im Niedriglohnsektor Beschäftigte. Jetzt drohen auch Menschen in Verschuldung zu geraten, die es vorher niemals für möglich gehalten hätten. Das zeigt, dass zusätzliche gemeinnützige Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen nötig sind. Die AWO Schuldner- und Insolvenzberatung ist der Auffassung, dass die Kommunen nicht umhin kommen, eine angemessene personelle und materielle Ausstattung der Schuldnerberatungsstellen zu finanzieren. Dazu gehört auch die Berücksichtigung von tariflichen Löhnen und von Verwaltungs- und Sachkosten. Ein nicht ausreichendes Netz von Schuldnerberatungsstellen, das nicht auskömmlich finanziert ist, kommt die Kommunen am Ende teurer zu stehen. Jede*r Verschuldete, der*m nicht gut geholfen werden kann, droht eine zusätzliche Belastung für die Kommunen bei der Sozialhilfe zu werden.
Menschen, die in finanzielle Not geraten sind, benötigten – unabhängig von ihrer Einkommenssituation – kompetente Unterstützung. Daher muss endlich ein Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle ins Gesetz geschrieben werden. Die AWO Schuldner- und Insolvenzberatung begrüßt ausdrücklich die jüngste Reform des Insolvenzrechtes, nach der es möglich ist, nach drei Jahren eine Schuldenbefreiung zu erhalten. Doch weitere Reformen sind notwendig. Die Speicherfristen von Schuldendaten bei Auskunfteien müssen deutlich kürzer werden. Dass bei der Schufa Schuldendaten weitere drei Jahre nach Ende des dreijährigen Insolvenzverfahrens gespeichert bleiben, erschwert ehemals Verschuldeten den Neustart. Für sie ist es zum Beispiel schwer bis unmöglich, unter diesen Bedingungen eine neue Wohnung zu finden. Wohnen aber ist ein Menschenrecht, das Überschuldeten oder von Armut Bedrohten nicht vorenthalten werden darf. Daher fordern die Berater*innen Susan Fritzsch und Jens Kutzler eine Speicherfrist bei der Schufa von höchstens einem, besser einem halben Jahr.
Die Aktionswoche Schuldnerberatung wird veranstaltet von der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV). In ihr haben sich Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege auf Bundesebene, der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung zusammengeschlossen.
Die Position der AWO zum Thema Alters- und Erwerbsarmut in Sachsen-Anhalt, die im Rahmen der Kampagne “Schau hin. Pack an” erarbeitet wurde, finden Sie hier.
Im Rahmen der Aktionswochen finden Sie auf der Facebookseite des AWO Landesverbandes Sachsen-Anhalt jeden Tag neue Beiträge zum Thema. Zur Seite unsere Schuldner- und Insolvenzberatung geht es hier entlang.