Stimmen aus der AWO – Ein Beitrag von Gitta Tost (Mitarbeiterin im Jugendmigrationsdienst)
Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) gehört zu den sechs Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland und wurde am 13. Dezember 1919 von Marie Juchacz gegründet. Wie der Name sagt, wurde die AWO damals ins Leben gerufen, um die Arbeiter*innen zur Selbsthilfe zu motivieren. Das Ziel war es anfangs vor allem, die Not der durch den Ersten Weltkrieg Geschädigten zu lindern, indem Nähstuben, Mittagstische, Werkstätten zur Selbsthilfe und Beratungsstellen eingerichtet wurden. Später entwickelte sich die AWO zu einer Hilfsorganisation für alle sozial bedürftigen Menschen, und das ist sie auch heute noch. In der Öffentlichkeit wird unser Verein vor allem als Träger von Seniorenheimen und Seniorentreffs wahrgenommen. Das ist jedoch vollkommen unzureichend, denn der Kreisverband der AWO Magdeburg hat außerdem noch Beratungsstellen für die Mitbürger*innen in besonderen Lebenslagen, wie z.B. bei Problemen mit Sucht und Schulden, bei finanziellen Engpässen während der Schwangerschaft, beim Bedarf von Mutter-/Vater- Kind- Kuren oder speziell für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Wir sind aber auch der Träger von Kindergärten und Horten und betreuen Familien, die Hilfe bei der Erziehung der Kinder brauchen (Sozialpädagogische Familienhilfe).
Der AWO KV ging in den letzten Jahren durch Höhen und Tiefen, aber die Mitarbeiter*innen haben immer zusammengehalten. Das angenehme Arbeitsklima zwischen uns färbt auch auf die Menschen ab, die hilfesuchend zu uns kommen. Sie sind fast immer sehr zufrieden mit unserer Beratung oder Betreuung. Ich arbeite nun schon seit fast 22 Jahren hier und möchte nicht einen Tag missen. Warum? Weil ich ausschließlich von netten Kolleg*innen umgeben bin und immer ein offenes Ohr bei der Geschäftsführung und beim Vorstand des Kreisverbandes finde. Wir sind ein sozialer Verein, der nicht auf Profitoptimierung ausgerichtet ist. Das spüren auch die Hilfesuchenden, weil jede*r Mitarbeiter*in freundlich zu ihnen ist. Ich arbeite beim Jugendmigrationsdienst und bekomme auch Rückmeldungen von den Mitarbeiter*innen und Ehrenamtlichen der KITA „Bummi“ und von der Seniorenbegegnungsstätte in Cracau. Schon dreimal haben jugendliche Migranten aus Eritrea, Syrien, Afghanistan, Rumänien, Irak, Pakistan und Libyen in ihrer Freizeit bei einem freiwilligen Arbeitseinsatz im Kindergarten „Bummi“ geholfen. Die Eltern der KITA-Kinder und die Erzieher*innen waren hellauf begeistert, weil sie wohl nicht erwartet hatten, dass die jungen Menschen ihnen aus reiner Hilfsbereitschaft und ohne Erwartung einer Gegenleistung dabei halfen, den Garten wieder in Schuss zu bekommen. Ein Jugendlicher aus Libyen war ehrenamtlich im Alten-und Servicezentrum der AWO in Cracau tätig. Die persönlichen Kontakte wurden sowohl von den Senior*innen, die zuvor nie selbst eine*n Migrant*in getroffen hatten, und der Leiterin der Einrichtung, als auch von dem jungen Libyer selbst als Bereicherung ihres Lebens wahrgenommen.
Im November letzten Jahres musste meine Bekannte aus ihrer Wohnung ausziehen, weil sie sich mit ihren fast 80 Jahren nicht mehr selbst versorgen konnte. Seitdem wohnt sie nun im Seniorenpflegeheim des AWO Kreisverbandes „Am Krähenstieg“ in einem Einzelzimmer. Sie ist vollauf begeistert von den vielen Möglichkeiten der regelmäßigen Beschäftigung wie Sport, Singen und von den zusätzlichen Ereignissen, wie z.B. dem Weihnachtsfest, der Modenschau oder dem Besuch eines Hundetrainers mit seinen Schützlingen am Wochenende. Richtig gut sind die Vollverpflegung, die ärztliche Betreuung und die Rundumpflege durch die Mitarbeiter*innen. Aber am wichtigsten sind ihr und auch mir der respektvolle und freundliche Umgang der Altenpfleger*innen mit den Heimbewohner*innen. Ich besuche meine Bekannte regelmäßig, aber ich habe noch nie ein lautes Wort von den Mitarbeiter*innen gehört. Im Gegenteil, sie gehen aufmerksam auf die alten Leute ein und erfahren so etwas aus ihrem Leben. Meine Bekannte war früher Lehrerin. Die Betreuer*innen registrierten dies mit Anerkennung und zeigten ihr Interesse durch gezielte Nachfragen. Aber auch für mich als nächste Bezugsperson haben die Mitarbeiter*innen immer ein offenes Ohr und beantworten alle meine Fragen. Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie schwer der Beruf einer*s Altenpfleger*in ist, aber wenn die Leute den Beruf ausüben, weil sie auch gern Umgang mit den alten Menschen haben und nicht nur auf den Verdienst schauen, dann fühlen sich die Senior*innen im Pflegeheim gleich viel wohler. Und so ist es in diesem Heim. Ich bin jedes Mal begeistert darüber, wie toll der Umgang miteinander ist. Das ist eben der Unterschied zwischen einem privaten Pflegeheim und einem sozialen Pflegeheim. Einige junge Menschen aus Eritrea halfen mir übrigens dabei, die Wohnung meiner Bekannten auszuräumen, und zwar unentgeltlich und freiwillig. Wie gesagt, ich mag meine Kolleg*innen und würde nie woanders arbeiten wollen. Und die Hilfesuchenden kommen gern zu uns, weil sie sich bei uns immer gut aufgehoben wissen.